Positionspapier des DGAI-Symposiums ‚Rettungsdienst in Deutschland — Bestandsaufnahme und Perspektiven‘ vom 2. — 5. 10. 2002 auf der Reisensburg
( 2002)
In sieben Arbeitsgruppen haben sich auf Einladung der DGAI und der Rettungsstiftung BINZ im Herbst diesen Jahres Vertreter der DGAI/BAD, DGU/DGC, Sektion Rettungswesen der DIVI, Ständigen Konferenz für den Rettungsdienst, BAND, aus Länderministerien und rettungsdienstlich wie notfallmedizinisch engagierten Kliniken und Institutionen zu einer ‚Bestandsaufnahme Rettungsdienst‘ getroffen. Die Ergebnisse der Diskussionen werden in Kürze in den Zeitschriften der Fachgesellschaften publiziert.
Es war auch ein Anliegen des Symposions, Forderungen an die Politik auf Bundes- und Landesebene zu formulieren, die in aller Kürze dargestellt wesentliche Inhalte für die Erhaltung und Fortentwicklung der Effizienz und Effektivität des Rettungswesens in Deutschland auflisten. Diese statements sollen hier wiedergegeben werden.
Bleibt nur zu hoffen, dass diese Darlegungen nun endlich – nach zahlreichen vergeblichen Bemühungen in der Vergangenheit – auch umgesetzt werden!
Dr. Dieter Stratmann, Vorsitzender der BAND e.V.
Forderungen an die Politik
Bundesebene
In der 88seitigen Koalitionsvereinbarung vom 16.10.2002 finden sich zum Thema Gesundheitspolitik knapp 4 Seiten, obwohl das Thema „Gesundheitsreform“ vor der Bundestagswahl bei allen Parteien eine dominierende Rolle in der politischen Auseinandersetzung gespielt hat. Auf die bundespolitischen Aspekte der präklinischen Patientenversorgung wird an keiner Stelle eingegangen — ungeachtet der Tatsache, dass auf massive Versäumnisse seit Jahren hingewiesen und dringender Handlungsbedarf angemahnt wurde. Dazu zählen unter anderem:
- Aufnahme des Rettungsdienstes als eigenständiger Anspruch auf Krankenbehandlung in § 27 SGB V.
- Verbindliche Regelungen in § 75 SGB V zur Koordination zwischen Rettungsdienst und vertragsärztlichem Bereitschaftsdienst mit klarer Definition des jeweiligen Aufgabenfeldes einschließlich einer überregionalen Steuerung und Planung der außerklinischen Akutversorgung über Integrierte Leitstellen.
- Novellierung des Rettungsassistentengesetzes mit Erweiterung der Ausbildung auf 3 Jahre.
- Verbindliche Regelungen zu den Auswirkungen der GDRGs auf die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung mit Schaffung sektorenübergreifender notfallmedizinischer Kompetenzzentren.
- Bundesweite Umsetzung der einheitlichen Notrufnummer 112.
- Schaffung von Voraussetzungen zur Intensivierung der notfallmedizinischen Forschung.
Forderungen an die Politik
Länderebene
Auch und gerade im Bereich der für den Rettungsdienst zuständigen Länder besteht dringender Handlungsbedarf. Hier ist insbesondere zu fordern:
- Schaffung von Rettungsdienstbereichen von sinnvoller organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Größe mit Integrierten Leitstellen (über die Grenzen von Gebietskörperschaften hinweg).
- Ausstattung der Leitstellen nach zukunftsorientiertem technischem Standard (GIS, GPS, Digitalfunk).
- Verbindliches Qualitätsmanagement mit flächendeckender Einführung des Ärztlichen Leiter Rettungsdienst.
- Länderübergreifende Standortplanung und Einsatzkoordination für übergeordnete Rettungsdienstsysteme (Luftrettung, Intensivtransport).
- Verkürzung des therapiefreien Intervalls durch:
- Verbesserte Laienhilfe durch eine Ausbildungsoffensive in Erster-Hilfe (beginnend in Kindergärten und Schulen).
- Einführung strukturierter Ersthelfer-Systeme.
- Einheitliche Definition der Hilfsfrist in den Länderrettungsdienstgesetzen.
Mehr als 8 Millionen Notfallpatienten jährlich in Deutschland erwarten eine rasche Antwort der Politik!