Bundeseinheitliche Hilfsfrist für die Rettungsdienstplanung relevant
BAND-Statement zu Hilfsfrist und Prähospitalzeit
Für gleichberechtigte Lebensverhältnisse und einen einheitlichen Zugang zu adäquater Notfallversorgung braucht es bundesweit einheitliche Regelungen für Rettungsdienst und Notfallversorgung. Bisher sind die Regelungen zur Hilfsfrist im Rettungsdienst heterogen, sie reicht von 8 bis 15 Minuten und ist uneinheitlich definiert. Für arztbesetzte Rettungsmittel existiert eine Hilfsfrist nur in zwei Bundesländern.
Die BAND e.V. hat bereits im Jahr 2000 in einer Stellungnahme eine einheitliche Definition der Hilfsfrist gefordert. Nach damaliger Ansicht beginnt diese Hilfsfrist mit dem Notrufeingang und endet mit dem Eintreffen des Rettungsmittels am Einsatzort. Die Bearbeitungsdauer, Dispositions- und Alarmierungszeit verzögern das Eintreffen der Kräfte am Patienten und sind daher dieser Zeitspanne zuzuordnen. Es handelt sich bei der Hilfsfrist in erster Linie um eine Planungsgröße, die erforderlich ist, um eine bedarfsgerechte Bemessung der vorzuhaltenden Kräfte vornehmen zu können. In einer modernen Bedarfsplanung sollte die Bemessung dabei auch Rettungsmittel aus angrenzenden Gebietskörperschaften bzw. Bundesländern mit einbeziehen, um einen sinnvollen und wirtschaftlichen Ressourceneinsatz zu ermöglichen.
Mit den zunehmenden Kompetenzen des Rettungsfachpersonals kommen Notärztinnen und Notärzten für diejenigen Einsatzsituationen, für die sie zwingend gebraucht werden, vermehrt zeitkritische und ärztlich-handwerkliche Aufgaben zu. Es ist daher aus Sicht der BAND sinnvoll, grundsätzlich auch arztbesetzte Rettungsmittel hilfsfristorientiert zu planen. Diese notärztliche Hilfsfrist sollte so bemessen sein, dass ein Eintreffen an der Einsatzstelle innerhalb einer medizinisch sinnvollen Zeitspanne möglich ist. Dabei kann eine strategische Neupositionierung der bestehenden Rettungsmittel nach einsatztaktischen Gesichtspunkten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der bestehenden Situation beitragen.
Um die erforderlichen Mittel verfügbar zu machen und den bestehenden Herausforderungen durch Fachkräftemangel und Ressourcenknappheit gerecht zu werden, ohne das Versorgungsniveau für die prähospitale Notfallversorgung abzusenken, sollte eine gestufte Hilfsfrist nach Dringlichkeit des Notfallereignisses definiert werden. Dabei sollte nach
- Lebensbedrohlichen / zeitkritischen (bspw. Herz-Kreislauf-Stillstand, Polytrauma, Bewusstlosigkeit, Erstickung)
- akuten (bspw. Schmerzzustände) und
- subakuten Situationen unterschieden werden.
Um dennoch die Vorhaltung von Kräften für Parelleleinsätze auf ein notwendiges Maß begrenzen zu können, braucht es eine intelligente Disposition anhand eines differenzierten Indikationskatalogs über alle Rettungsmittelarten. Mit dem Ziel, in den am höchsten priorisierten Notfallsituationen das therapiefreie Intervall maximal zu verkürzen, müssen bundesweit den Rettungsdienst ergänzende, organisierte Ersthelfer (sog. App-Retter) bereits über die Leitstellen georeferenziert in die Einsätze einbezogen werden.
Um die Qualität der prähospitalen Notfallversorgung mit Blick auf die definitive Versorgung der Notfallpatientinnen und -patienten und deren Outcome zu steigern, muss die Disposition sich über die Hilfsfrist hinaus in denjenigen Situationen, die mit einer Lebensgefahr oder schweren Folgeschäden für die Betroffenen assoziiert sind, verstärkt an der Prähospitalzeit orientieren. Es muss bereits bei der Rettungsmittelauswahl und Alarmierung über das reine Erreichen des Einsatzortes hinaus auch die Transportzeit in eine für das jeweilige Notfallbild geeignete Versorgungseinrichtung bedacht werden. Auch auf diesen Umstand haben die BAND und das Eckpunktepapier zur notfallmedizinischen Versorgung bereits in der Vergangenheit hingewiesen. Die Prähospitalzeit und eine entsprechend zielgerichtete Disposition werden jedoch im Zuge der Reform von Notfallversorgung und Krankenhausstruktur eine wachsende Rolle spielen und müssen daher eine stärkere Beachtung gewinnen.
Berlin, 08.01.2025