Die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND e.V.) begrüßt die allgemeine Zielsetzung der Qualitätsverbesserung in der Krankenhausversorgung durch die Vorgabe definierter Strukturmerkmale (u.a. Anzahl und Qualifikation der an der Patientenbehandlung beteiligten Personen) in den vorgesehenen Leistungsgruppen.
Aus notärztlicher Sicht ist die Einführung einer neuen Leistungsgruppe Notfallmedizin mit der Vorgabe einer Anzahl von mindestens fünf Fachärzten (ebenso wie in der neuen Leistungsgruppe Spezielle Traumatologie) eine wesentliche Ergänzung zur bisherigen Liste von Leistungsgruppen in NRW. Diese strukturellen Vorgaben stellen einen wesentlichen Schritt zur Erzielung einer bestmöglichen Patientensicherheit dar.
Für die Stärkung der Notfallmedizin ist eine Anhebung der bisherigen Zuschläge um 10 % über die Vorhaltefinanzierung hinaus vorgesehen. Ab 2027 sollen in den notfallmedizinisch relevanten Fachbereichen Stroke Units und Spezielle Traumatologie, aber auch in der Intensivmedizin, Pädiatrie und Geburtshilfe relevante Förderbeträge hinzukommen. Durch die Schaffung von Einrichtungen der sektorenübergreifenden Behandlung ist auch in der Notfallmedizin eine Entlastung zu erwarten, die eine stärkere Konzentration auf den Bereich dringlicher und komplexer Leistungen ermöglicht.
Während wir für eine sachgerechte Umstrukturierung der regionalen Krankenhausversorgung in Ballungsräumen im Sinne der Ziele des Gesetzes gute Möglichkeiten sehen, blicken wir mit Sorge auf den ländlichen Raum. Viele kleinere Krankenhäuser werden dort in sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen überführt, die zur Versorgung kritisch kranker Notfallpatienten nicht (mehr) in der Lage sind. Die vorgesehene Erhöhung der Sicherstellungszuschläge für Kliniken in unterversorgten Regionen um 25 % halten wir daher für essentiell, um eine adäquate Versorgung von kritischen Notfällen zu gewährleisten.
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik (Fischer et al., 2016): „Die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung ist zur öffentlichen Daseinsvorsorge zu rechnen und muss nach Gesichtspunkten einer erreichbarkeits-orientierten Versorgung erfolgen. Deren Planung muss nicht nur die Verteilung, Art und Anzahl der Rettungsmittel beinhalten, sondern auch die fachliche Eignung der Kliniken und deren Erreichbarkeit in einem medizinisch angemessenen Rahmen. Als Planungsgröße eignet sich die Prähospitalzeit. Da eine definitive Versorgung von akut lebensbedrohlichen Notfällen oft erst in der Klinik möglich ist, sollte die Prähospitalzeit als zentrale Planungsgröße eine bestimmte, medizinisch begründbare Höchstgrenze nicht übersteigen.“
Eine Verbesserung der stationären Versorgungsqualität unter notfallmedizinischer Perspektive muss daher nicht nur die strukturellen Vorgaben innerhalb der Kliniken berücksichtigen, sondern durch eine sachgerechte Standortsicherung in allen Regionen des Landes auch die Erreichbarkeit leistungsfähiger Abteilungen für Notfallmedizin sowie für die definitive Behandlung aller wichtigen Krankheitsbilder der Notfallmedizin (Herzinfarkt, Schlaganfall, Polytrauma) durch den Rettungsdienst gewährleisten.
Wir weisen – wie bereits in der Vergangenheit – darauf hin, dass strukturelle Veränderungen in der Versorgungslandschaft der Krankenhäuser zwangsläufig auch zu Veränderungen für den Rettungsdienst und die prähospitale Notfallversorgung führen. Eine isolierte Betrachtung nur des einen Bereichs ist daher schwierig. Damit insbesondere im ländlichen Raum die Zugangsmöglichkeiten zu adäquater medizinischer Versorgung auch im Notfall vergleichbar mit denen in großstädtischen Bereichen bleiben, muss die rettungsdienstliche Infrastruktur mit bedacht werden. Daher ist es in der Reform von Krankenhäusern essentiell, deren Anbindung an die Rettungsdienstsysteme zu sichern. Damit der Zugang in zeitkritischen Notfällen gesichert werden kann, müssen auch die kleineren Einheiten mit einer geeigneten Infrastruktur gerade für die 24/7-Erreichbarkeit durch die Luftrettung ausgestattet und entsprechende Anreize bzw. Förderungen für Landeplätze geschaffen werden. Die Luftrettung selbst muss rechtlich und in der Vorhaltung stärker auch für den Betrieb in der Nacht und bei eingeschränkten Witterungsverhältnissen ertüchtigt werden.
Berlin, 30.04.2024