BAND-Statement anlässlich des 128. Deutschen Ärztetages
Anlässlich des am 4. April durch die AG Akut- und Notfallmedizin der Bundesärztekammer vorgelegte Konzeptpapier „Zukünftige Ausgestaltung einer patientengerechten sektorenübergreifenden akut- und notfallmedizinischen Versorgung aus ärztlicher Perspektive“ erlauben wir uns seitens der BAND den Delegierten für den Deutschen Ärztetag 2024 einige Gedanken mitzugeben.
Wir stimmen den Autoren zu vielen der im Papier genannten Punkte zu. Eingehen möchten wir daher nur auf wenige davon, die aber für den Rettungs- und Notarztdienst besondere Bedeutung haben.
Zu Punkt 5: Rettungsdienst als wesentliche Säule reformieren.
Auch aus Sicht der Ärzteschaft sollte erwogen werden, ob nicht bestimmte sogenannte Low Code-Einsätze auch vom Rettungsdienstfachpersonal anhand deren Standardarbeitsanweisungen auch ohne Hinzuziehung eines Arztes fallabschließend behandelt werden können. Das entlastet aus unserer Sicht die ärztlichen Ressourcen und unterstreicht die Wertschätzung für diese für die außerklinische Notfallversorgung essenzielle Berufsgruppe.
Die Autoren haben absolut recht, wenn sie beschreiben, dass der Interhospitaltransport eine wachsende Bedeutung bekommen wird. Mit steigenden Transportzahlen ist eine verstärkte Auslastung des arztbegleiteten Interhospitaltransfers zu erwarten. Um Engpässe zu vermeiden ist die Einbindung des Telenotarztes ein probates Mittel. Um eine adäquate Qualifikation für diese wichtige Aufgabe sicherzustellen, ist es aus Sicht der BAND notwendig, dass die in der Telenotfallmedizin eingesetzten Ärztinnen und Ärzte über besondere Erfahrungen im Intensiv- und arztbegleiteten Interhospitaltransport verfügen. Es ist daher aus unserer Sicht unbedingt erforderlich, dass diese Erfahrungen und auch die einheitliche Qualifikation durch einen DIVI-Intensivtransportkurs oder eine vergleichbare Schulung in das TNA-Curriculum aufgenommen werden. Nur so, kann hier seitens der Ärzteschaft eine Standardisierung erreicht werden.
Der erwähnte Notarztindikationskatalog sollte um die Indikationen für eine telenotfallmedizinische Unterstützung erweitert werden.
Punkt 7: Vernetzung und Datenintegrität
Für eine moderne und sektorenübergreifende Notfallversorgung ist die medienbruchfreie Datennutzung durch alle am konkreten Fall Beteiligten unbedingt erforderlich. Es müssen daher die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt und die Daten nutzbar gemacht werden. Daher unterstützt die BAND die in diesem Punkt genannten Argumente ausdrücklich.
Punkt 10: Regionale Strukturen und Besonderheiten
Auch wenn die Notärzteschaft naturgemäß an die Ärztekammern angebunden ist, ist deren Einbindung in die Aktivitäten der Kammern nicht überall fester Bestandteil. Da die ärztliche Mitwirkung aus Sicht der BAND in keinem Bereich so sehr infrage gestellt ist, wie in der prähospitalen Notfallmedizin, sollten die Ärztekammern aktiv werden und ihrerseits in der Gremienarbeit den Notarztdienst integrieren. Durch Ausschüsse Notfallmedizin könnte die Vernetzung zwischen den Akteuren in den verschiedenen Bereichen der Notfallversorgung durch die Ärztekammern und damit die Ärzteschaft selbst gefördert und eigene Impulse gesetzt werden. Diese Ausschüsse könnten auch die sinnvolle Zusammenarbeit aller an der Notfallversorgung beteiligten Berufsgruppen (siehe Punkt 11) definieren, fördern und prägen.
Punkt 12: Ärztliche Qualifikationen
Ärzteschaft und ärztliche Selbstverwaltung sollten die ihnen vielerorts durch gesetzliche Regelungen eingeräumten Möglichkeiten zur Mitwirkung aktiv nutzen, um die ärztliche Einbindung in den Rettungs- und Notarztdienst weiter zu entwickeln und zu stabilisieren. Dabei sollte das Ziel, auf „überbordende Qualifikationsanforderungen“ zu verzichten, nicht dem einer guten Notfallversorgung unter entscheidender ärztlicher Einbindung entgegenwirken. Es ist aus Sicht der BAND essenziell, dass 21 Jahre nach der Einführung der Zusatzweiterbildung Notfallmedizin diese die alleinige Grundqualifikation zur Teilnahme am Notarztdienst darstellt. Die Fachkunde Rettungsdienst darf nicht mehr regulär erteilt werden. Sie sollte allenfalls auf Pilotprojekte, in denen seitens des Rettungsdienstes und seiner Ärztlichen Leitung eine entsprechend strukturierte und engmaschige Notarztausbildung geschaffen wurde, beschränkt bleiben. Zusätzlich muss die Ärzteschaft die Frage diskutieren, ob es zeitgemäß ist, diese Zusatzbezeichnung bereits theoretisch nach 24 Monaten klinischer Weiterbildung zu erwerben. Ärztinnen und Ärzte sind im Notarztdienst ärztlich auf sich allein gestellt und werden teils mit hochkomplexen Notfallsituationen konfrontiert. Daneben sind sie im Rettungsdienst an der Seite und auch unter der Beobachtung immer besser qualifizierten Rettungsfachpersonals, das zu Recht die Erwartung an Notärztinnen und Notärzte richtet, dort tätig zu werden, wo die Kompetenzen des Rettungsfachpersonals enden. Die Zusatzweiterbildung Notfallmedizin muss daher aus Sicht der BAND erneut novelliert werden. Maßgeblich sollte dabei die Weiterbildungsdauer verlängert, die Erfahrung in der Intensivmedizin sowie die Teilnahme an sogenannten NASIM-Kursen obligat und die flächendeckende Einrichtung weiterbildungsermächtigter Notärzte diskutiert werden. Nur durch eine Steigerung und Sicherung der notärztlichen Qualifikation können wir als Ärzteschaft den Argumenten für einen arztfreien Rettungsdienst glaubhaft und wirksam entgegentreten. Neben dem Kompetenzerwerb müssen die Kammern aus Sicht der BAND unbedingt auch den Kompetenzerhalt adressieren. Dieser ist als wichtige Aufgabe der Selbstverwaltung anzusehen und darf nicht allein der Freiwilligkeit durch Ärztinnen und Ärzte oder Rettungsdienstträger überlassen werden. Es bedarf der Empfehlung übergeordneter Stellen, damit er einerseits verlässlich durchgeführt und andererseits auskömmlich refinanziert werden kann. Die BAND tritt daher für eine Empfehlung zur fachspezifischen Fortbildung für Notärztinnen und Notärzte ein.
Die gleichen Anstrengungen müssen wir seitens der Ärzteschaft auch bei der Novellierung und kritischen Reevaluation der Qualifizierung für die übrigen ärztlichen Aufgaben im Rettungsdienst unternehmen.
Die BAND bekräftigt ihr Angebot an die Ärztekammern und Bund und Land, an der Weiterentwicklung des Notarztdienstes mitzuwirken und die Erfahrungen und Expertise aus den Reihen der in der prähospitalen Notfallversorgung Aktiven einzubringen.
Mit diesen Gedanken wünschen wir Ihnen einen erfolgreichen Ärztetag.
Dr. Florian Reifferscheid
Für den Vorstand der BAND e.V.