Stellungnahme der BAND zur Einrichtung von organisierten Erst-Helfer-Systemen (Berlin, 7. Februar 1998)
Bei einem organisierten Erst-Helfer-System handelt es sich nach unserer Auffassung um speziell zusätzlich ausgebildete und ausgerüstete, möglichst ständig einsatzbereite Ersthelfer, die auf Anforderung der Leistelle für den Feuerschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz bei lebensbedrohlich Verletzten/akut Erkrankten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zum Einsatz kommen. Diese Hilfeleistung ist nicht gekoppelt an die Organisation, die die Weiterversorgung und den Transport im Rahmen des Rettungsdienstes durchführt.
Aufgabe derartiger Systeme ist die Verkürzung des ‚therapiefreien Intervalls‘ bei vorhersehbarem Überschreiten der medizinischen Hilfsfristen des Rettungsdienstes, speziell in peripheren Rettungsdienstbereichen. Dennoch darf ein ‚First-Responder-System‘ niemals als Ersatz für unzureichende Kapazitäten des Rettungsdienstes angesehen werden; es kann nur additiven Charakter haben.
Aus notfallmedizinischer Sicht ist unstrittig, daß ein frühzeitiger Beginn einer qualifizierten Hilfeleistung einen Zeitgewinn im Sinne einer kontinuierlichen Versorgung darstellt. Je früher die Versorgung beginnt, desto größer wird der medizinische Nutzen sein, unabhängig von Aspekten der Betreuung aus der Sicht der Patienten.
Voraussetzung für die Mitwirkung in einem organisierten Erst-Helfer-System sind über die in einem Erste-Hilfe-Kurs hinausgehende Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in dem als Anlage beigefügten Curriculum vorgeschlagen werden. Von besonderer notfallmedizinischer Bedeutung ist eine ausreichende Übung in der Durchführung der Reanimation. Die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten müssen jährlich in Fortbildungskursen gesichert werden, deren Umfang und Dauer sich nach der Einsatzerfahrung der Erst-Helfer-Systeme richtet.
Der Erwerb zusätzlicher Kenntnisse und Erfahrungen, die über die in dem Curriculum genannten hinausgehen, ist an dieselben Bedingungen gebunden, wie sie für das Personal im Rettungsdienst gelten.
Da medizinische Leistungen am Patienten erbracht werden, bedarf es einer gesonderten medizinischen Qualitätssicherung mit Dokumentation und Kontrollen durch einen weisungsberechtigten und notfallmedizinisch qualifizierten Arzt, dem jeder Einsatz zur Beurteilung und Bewertung vorgelegt werden muß.
Bei der Einrichtung derartiger Systeme ist die anhaltende Motivation der Helfer für die Effektivität von besonderer Bedeutung. Dies setzt einerseits ein ausreichendes Einsatzaufkommen voraus, andererseits muß eine Überlastung der in der Regel ja diese Aufgabe freiwillig und zusätzlich übernehmenden Mitglieder einer Organisation vermieden werden.
Durch die Vorhaltung eines organisierten Erst-Helfer-Systems darf nicht der Eindruck entstehen, daß eine unmittelbare Hilfeleistung durch Notfallzeugen nicht mehr erforderlich sei. Vielmehr wird die Bevölkerung aufgefordert, das umfassende Angebot der Hilfsorganisationen in Kursen zum Erlernen der Erste-Hilfe-Maßnahmen und ihre Wiederholung im ‚Erste-Hilfe-Trainung‘ zu nutzen.
Curriculum für ‚First-Responder‘ 1) |
U-Std. |
A) |
Theoretische Ausbildung |
30 |
1. Anatomie/Physiologie
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4 |
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2. Basismaßnahmen der Reanimation
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4 |
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3. Leitsymptome und Maßnahmen bei
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10 |
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4. Erkennen und Maßnahmen bei besonderen Krankheitsbildern
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7 |
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5. Einsatzabwicklung
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1 |
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6. Grundlagen des Rettungsdienstes
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4 |
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B) |
Praktische Ausbildung |
40 |
7. Erwachsenen- und Kinder-Reanimation |
8 |
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8. Lagerungsarten/Immobilisation
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6 |
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9. Fahrzeuge im Rettungsdienst
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2 |
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10. Praktische Übungen zur Erstversorgung (Fallbeispiele)
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24 |
Zusätzlich wird auf der Basis freiwillger Teilnahme ein Einsatzpraktikum in der Notfallrettung empfohlen.
1) weitgehend nach dem Konzept der Feuerwehr Hamburg für ‚Erstversorgungswehren‘