Neustrukturierung der Notfallversorgung notwendig
Notarzt ist kein Ersatz für den Hausarzt.
Pressemitteilung der BAND e.V. vom 19. Mai 2017
Frank Riebandt
Peter Sefrin
Nur 22% der Notfalleinsätze mit Blaulicht sind echte Notfälle. Vielfach wird die Notrufnummer 112 bei medizinischen Bagatellfällen gewählt. Nicht nur bewusste falsche Angaben des Anrufers führen zum Notfalleinsatz, sondern schlicht Unwissen bezüglich des richtigen Ansprechpartners. Der Begriff des Notfalls im Gesundheitswesen ist vollkommen uneinheitlich und führt deshalb zu Fehldispositionen. Jährlich steigen bundesweit kontinuierlich die Notarzteinsätze um 5–7 %.
In einer bundesweiten Analyse des DRK, wobei alle Notfalleinsätze des Rettungsdienstes untersucht wurden, zeigte sich, dass nur 22 % aller Einsätze echte Notfälle waren und nur ein Fünftel der Gesamteinsätze als lebensbedrohlich eingestuft werden konnten1. Trotz des demographischen Wandels und dadurch bedingter Multimorbidität ist die derzeitige Nutzung des Rettungsdienstes nicht adäquat. Nicht nur Anspruchsdenken, sondern auch Unwissenheit, wer für welchen Akutfall zuständig ist, führt zu Fehlnutzung des Notarztes und des Rettungsdienstes.
Um einen gezielteren und wirtschaftlicheren Einsatz der Notfallrettungsmittel zu garantieren, fordert die BAND mehr Transparenz und Information über die richtigen Wege zur Notfallversorgung. Dem Bürger muss vermittelt werden, wann Notarzt, ärztlicher (Notfall-)Bereitschaftsdienst und Krankenhaus-Notaufnahme die richtigen Ansprechpartner sind. Ein verbessertes Verständnis über Funktionen und Abläufe der Notfallversorgung ist dringend notwendig.
Darüber hinaus ist eine Vernetzung dieser Partner im Sinne einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung notwendig. Die politische Forderung eines Wettbewerbes dieser Institutionen ist bestimmt nicht der richtige Weg. Im Gegenteil sollten alle Partner für den ratsuchenden Bürger durch eine einheitliche Anlaufstelle verbunden werden. Es kann nicht angehen, dass Lücken in der ambulanten Versorgung durch Hausärzte durch den Notarzt überbrückt werden.
Hausbesuche mit Blaulicht und Martinshorn sind nicht angebracht. Hierdurch werden der Notarzt und weitere Einsatzkräfte gebunden und stehen dann für sich ereignende echte, d. h. lebensbedrohliche Notfälle nicht oder nur mit Verzögerung zur Verfügung. Bei diesen aber hat der Zeitfaktor bis zur notfallmedizinischen Versorgung eine hohe Bedeutung für Überleben und Gesundheit.Neben den standespolitischen Institutionen ist die Politik gefordert, eine Reform einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung in Angriff zu nehmen, wobei nicht nur vordergründig die Finanzierung sondern eine für den Bürger nachvollziehbare Versorgung angestrebt werden sollte. Die Implementierung eines übergreifenden einheitlichen Systems für Rettungsdienst, ärztlicher (Notfall-)Bereitschaftsdienst und Notaufnahmen der Krankenhäuser mit einer zentralen Anlaufstelle, die eine entsprechende Zuweisung vornehmen kann, sollte dem Bürger die notwendige Sicherheit garantieren. Die BAND – als die Vertretung der bundesdeutschen Notärzte – fordert die Bundesregierung auf, initiativ zu werden und das angestrebte Ziel politisch zu fixieren
Literatur
Sefrin P, Händlmeyer A, Kast W – Leistungen des Notfallrettungsdienstes. Notarzt 31 (2015) S33-S48