Rettungsdienstliches Fachpersonal auf den Notarzteinsatzfahrzeugen
Sehr geehrte Frau Senatorin Spranger,
sehr geehrte Frau Senatorin Gote,
als für den Rettungsdienst und die Notärzte in Deutschland zuständige Berufsfachverbände haben wir in den letzten Tagen mit großer Sorge Presseberichte aus Berlin zur Kenntnis genommen, in
denen erstmals in der Gesundheitsversorgung in Deutschland eine Absenkung des Qualifikationsniveaus für das rettungsdienstliche Fachpersonal auf den Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) der Berliner Feuerwehr von derzeit Notfallsanitäter (3-jährige Berufsausbildung) zu Rettungssanitäter (3-monatiger Lehrgang) gefordert wird.
Das Tätigkeitsspektrum des rettungsdienstlichen Fachpersonals auf einem NEF stellt in der Versorgung besonders kritischer Notfall- und Intensivpatienten eine hochkomplexe Tätigkeit dar.
Neben der eingehenden Kenntnis von Rettungsmittel und Einsatzgebiet kommt NEF-Assistenten eine unterstützende Rolle bei der medizinischen Versorgung der Notfallpatienten zu. NEFAssistenten
sind damit weit mehr als nur die Fahrer des NEF. Notfallsanitäter fungieren im Notarzteinsatzdienst vergleichbar einem Fachkrankenpfleger auf einer Intensivstation oder in der Anästhesie bei der Narkoseführung während einer Operation. Niemand würde in einem Krankenhaus die spezifische Tätigkeit spezialisierter Fachkrankenpfleger an Mitarbeiter ohne eine vollumfängliche medizinische Berufsausbildung delegieren.
Wir halten Forderungen nach einer „Berliner Sonderlösung“ bei der Besetzung der NEF für einen Irrweg, und als Fachverbände raten wir Ihnen aus fachlich-inhaltlichen Gründen dringend davon ab. Wir befürchten, dass damit eine substanzielle Verschlechterung der Patientenversorgung für die Berliner Bevölkerung in medizinisch lebensbedrohlichen Situationen verursacht werden könnte.
Alternativ zum Notfallsanitäter könnten auch Rettungsassistenten (2-jährige Berufsausbildung) eingesetzt werden, da diese Kollegen über eine lange Berufserfahrung verfügen.
Mit Erstaunen haben wir ferner zur Kenntnis genommen, dass die Berliner Feuerwehr trotz der offensichtlich angespannten Personalsituation im Rettungsdienst weiterhin regelmäßig Notfallsanitäter außerhalb des Rettungsdienstes, so beispielsweise in der Brandbekämpfung, einsetzt. Auch vor diesem Hintergrund erscheint die gleichzeitige Absenkung qualitativer Versorgungsstandards in der Notfallversorgung nicht nachvollziehbar.
Wir wollen an dieser Stelle vielmehr für eine Stärkung des Rettungsdienstes als Teil der Gesundheitsversorgung werben. Ziel muss es sein, einerseits durch eine Ausbildungsoffensive nachhaltig für ausreichend qualifizierte medizinische Fachkräfte zu sorgen und andererseits den Rettungsdienst durch den Einsatz neuer Versorgungsangebote wie Gemeindenotfallsanitäter sowie sozialpsychiatrische und Notfallpflegeteams kurzfristig wirkungsvoll ergänzend zu unterstützen.
DBRD und BAND vertreten fachpolitisch die Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Notärzte in allen 16 Bundesländern. Wir haben große Anerkennung für die Pionierarbeit, die in den vergangenen Jahren im Land Berlin für die qualitative Stärkung des Rettungsdienstes geleistet wurde. Gerne stehen wir für eine fachliche Beratung, wie dieser Kurs einer notfallmedizinischen Versorgung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft fortgeführt werden kann, zur Verfügung.
Lübeck und Berlin, 26. Juli 2022
Marco K. König (DBRD) Dr. Florian Reifferscheid (BAND e.V.)