Herrn

Ministerpräsident Dr. Markus Söder
Herrn
Gesundheitsminister Klaus Holetschek
Herrn
Innenminister Joachim Herrmann

Offener Brief

 Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,

sehr geehrter Herr Minister Holetschek,

sehr geehrter Herr Minister Herrmann,

auch die Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte (agbn) e.V. als Vertretung von mehr als 3.000 Notärztinnen und Notärzten in Bayern beobachtet mit großer Sorge die nach wie vor exponentiell ansteigenden Infektionszahlen in der 4. Welle der SARS-CoV2-Pandemie.

Bereits jetzt sind die Krankenhäuser und Intensivstationen an der Belastungsgrenze und viele Kliniken können eine Versorgung von akuten Notfällen nicht mehr vollumfänglich gewährleisten. Betroffen sind in der Folge auch Non-COVID Patienten, die z.B. an akuten Herzinfarkten und Schlaganfällen erkranken oder schwere Unfälle erleiden. Die Situation macht seit Wochen einen zunehmenden Interhospitaltransfer innerhalb Bayerns und darüber hinaus notwendig, der von Notärztinnen und Notärzten neben ihrer Tätigkeit in Klinik und Praxis geleistet wird. Nun steht aber zu befürchten, dass auch Notfallpatienten nicht immer in der für sie am nächsten gelegenen und geeigneten Klinik aufgenommen werden können, sondern auf langen Wegen in Kliniken mit noch freien Betten transportiert werden müssen. Dies bindet Ressourcen und gefährdet Menschenleben!

Als Notfallmediziner verfolgen wir das Ziel, unsere Patienten nach der prähospitalen Erstversorgung innerhalb kürzester Zeit einer adäquaten definitiven klinischen Weiterversorgung zuzuführen. Erwähnt sei exemplarisch hierbei die sog. „Golden Hour of Shock“ oder „Trauma“, die wir seit Jahren als Richtschnur für unser prähospitales

Zeitmanagement anstreben. Nun wieder lange Transportzeiten in Kauf zu nehmen, konterkariert alle Bemühungen zum Wohle der uns anvertrauten Notfallpatienten.

Noch dramatischer wäre es, wenn wir als Notärztinnen und Notärzte durch einen Kollaps der Kliniken zu einer prähospitalen Priorisierung, bzw. Triagierung gezwungen würden, da nicht mehr alle Notfallpatienten aufgenommen werden können. Wir haben Bilder von sich stauenden Rettungswagen vor Kliniken in den vergangenen 20 Monaten bereits gesehen und kennen Berichte der Kolleginnen und Kollegen aus dem europäischen Ausland. Dies gilt es mit allen Mitteln zu verhindern!

Insofern begrüßen wir die angeordnete Feststellung des Katastrophenfalls zum 11.11.2021, um den notwendigen Koordinierungsbedarf in Bayern besser steuern zu können.

Besorgniserregend ist der zunehmende Mangel an Pflegekräften, vor allem in der Intensivmedizin, aber auch auf den peripheren Stationen und den Notfallaufnahmen. Bereits vor Beginn der Pandemie war der Pflegemangel immanent und hat sich durch die Dauerbelastung der Pflegekräfte während der Pandemie nochmals forciert. Patientenversorgung auf hohem Niveau ist ohne qualifizierte Pflege nicht darstellbar. Die Gründe sind vielfältig und wurden bereits mannigfaltig berichtet.

Daher unterstützen wir alle Maßnahmen, die geeignet sind, dieser dramatischen Entwicklung mit aller Macht entgegenzuwirken.

Viele der im folgenden genannten Punkte wurden bereits auch von anderer Seite kommuniziert, wir möchten diese trotzdem auch von unserer Seite ausdrücklich unterstützen:

1) Impfpflicht für alle medizinischen Berufe, Pflegeberufe und Berufe mit körpernahen Tätigkeiten. Hierzu hat sich auch die Nationale Akademie der Wissenschaften  – Leopoldina bereits positioniert. Wir halten darüber hinaus auch die Impfpflicht für alle Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Feuerwehren, der Polizei und der sog. „Helfer vor Ort“ für dringend geboten. Ein adäquater Schutz durch persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist in Einzelfällen aufgrund des Einsatzgeschehens nicht immer möglich. Nur der Impfschutz kann das Infektionsrisiko in beide Richtungen minimieren.

2) Erneutes Impfangebot an alle Bürger, auch in sozialen Brennpunkten.

3) sofortige Boosterimpfung oder besser dritte Impfung für alle, deren 2. Impfung länger als 6 Monate zurückliegt.

4) Aberkennung des vollen Corona-Impfschutzes 9 Monate nach der letzten Impfung, wie es in Österreich bereits umgesetzt wird.

5) Kontakteinschränkungen für alle ungeimpften Personen.

6) 2G-Regeln in allen Bereichen des öffentlichen Lebens.

7) Steigerung der Attraktivität der Krankenpflegeberufe.

8) Weiterhin halten wir die Initiierung einer seriösen, transparenten und gut verständlichen Aufklärungsdebatte, die mit den gravierendsten Kritikpunkten an der Corona-Impfung aufräumt, z.B. Impfdurchbrüche, Myokarditis, neurologische Krankheitsbilder, für dringend geboten. Zumindest einen Teil der durch permanente Fake-News verunsicherten Bürger können wir sicherlich auf diesem Weg noch für eine Impfung gewinnen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Herren Staatsminister, gehen Sie den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, um die Pandemie einzudämmen und die Patientenversorgung in Bayern vor dem Kollaps zu bewahren. Gerade für die unpopulären Schritte, die nun zwingend und dringend umzusetzen sind, werden Sie unsere volle Unterstützung haben.

PD Dr. med. Björn Hossfeld                               Dr. med. Thomas Jarausch

  1. Vorsitzende im Vorstand der agbn

Prof. Dr. med. Thomas Wurmb                          Dr. med. Gerhard Schwarzmann

Stellv. Vorsitzende im Vorstand der agbn