Notärzte widersprechen Krankenhausschließungen
Pressemitteilung der BAND e.V. vom 2. 7. 2018
Sowohl von der Politik (Krankenhausstrukturreform 2016) wie auch den Krankenkassen (AOK, GKV) wird der Vorwurf von Überkapazitäten von Krankenhausbette erhoben und ein Abbau vor allem durch Schließung von kleinen Häusern im ländlichen Raum gefordert. Nunmehr sollen nochmals 500 Betten geschlossen werden. Dem widersprechen die Notärzte auf Grund ihrer Erfahrung aus der Praxis.
Diese Entwicklung läuft bereits seit 25 Jahren. In diesem Zeitraum wurden bereits 460 kleine Häuser geschlossen, mit dem Argument einer Optimierung der stationären Versorgung durch Konzentration. Wenn im Sinne der Wirtschaftlichkeit eine Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft erfolgen soll, führt dies aus Sicht der Notärzte nicht nur zu Vorteilen sondern auch möglicherweise zu einer Gefährdung von Patienten. Unbestritten haben die Anforderungen an die medizinische Behandlung durch höhere Standards und eine vorgegebene Mindestmenge an Therapieverfahren für den Patienten eine positive Auswirkung. Dies rechtfertigt die Forderung nach einer stärkeren Spezialisierung und Konzentration in der Leistungserbringung.
Durch eine Schließung von “kleinen Krankenhäusern“ vor allem im ländlichen Raum kommt es jedoch zu einer Benachteiligung gerade der dort ansässigen Bevölkerung. Nicht jeder Patient, der einer stationären Behandlung bedarf, benötigt ein Schwerpunktekrankenhaus oder eine Klinik der Maximalversorgung. Aus Sicht der Notärzte liegen bei 60-70% der als Notfälle gemeldeten Einsätze keine vital bedrohlichen Störungen mit der Notwendigkeit einer aufwändigen speziellen Therapie vor. Die echten Notfallpatienten sollen nach wie vor einem Schwerpunktkrankenhaus oder einem Haus der Maximalversorgung zugeführt werden – auch wenn der Transport dorthin längere Fahrzeiten mit entsprechender Bindung des Rettungsdienstes in Anspruch nimmt. Dies hat allerdings zur Folge, dass Fahrzeug und Personal für einen längeren Zeitraum im zuständigen Versorgungsbereich nicht mehr zur Verfügung stehen. Die zuletzt im
„Eckpunktepapier zur notfallmedizinischen Versorgung 2016“ erhobene Forderung einer Prähospitalzeit von maximal 60 Minuten bei zeitkritischen Krankheitsbildern und Verletzungen bleibt auf Grund der hohen Bedeutung des Faktors Zeit für den Behandlungserfolg unverändert bestehen.
Sofern der Einsatz ohne Notarzt mit Notfallsanitätern durchgeführt wird, ist eine Zuweisung zur stationären Versorgung auch bei nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen der Weg der Wahl, da das Rettungspersonal die Entscheidung, wer, wo und wann die nachfolgende Behandlung durchzuführen ist, nicht treffen kann. Wenn das in der Region nicht mehr existierende kleine Krankenhaus als möglichesTransportziel für diese Versorgung (von nicht lebensbedrohlichen Schäden) nicht mehr vorhanden ist, wird sich auch in diesen Fällen eine längere Transportzeit ergeben und damit Kapazitäten des Rettungsdienstes binden.
Gerade zum Jahreswechsel hat sich gezeigt, dass für den Anfall einer größeren Anzahl von Patienten – hier anlässlich der Grippe-Epidemie – bundesweit keine ausreichenden Bettenkapazitäten vorhanden waren. Der Rettungsdienst wurde abgewiesen oder die Krankenhäuser hatten sich abgemeldet, da deren Kapazitäten ausgeschöpft waren. Über 300.000 Erkrankte waren gemeldet und fanden nur begrenzt stationäre Aufnahmemöglichkeiten. Hierbei wird es sich nicht um ein singuläres Ereignis handeln. Es ist zu erwarten, dass angesichts der Wandelbarkeit von Influenza-Viren auch in absehbarer Zeit neuerlich eine Grippe-Epidemie auftreten wird. Zu deren Behandlung bedarf es in den meisten Fällen keiner intensiv- oder notfallmedizinischen Behandlung, sondern vor allem einer stationären Pflege.
Es ist zu bedenken, dass auch kleine Krankenhäuser in den ländlichen Regionen eine wichtige Funktion als Standortkrankenhäuser für die Sicherung der Notfallversorgung haben. Aus diesen Gründen sollten auch kleine Häuser (in ländlichen Regionen) erhalten bleiben und z.B. durch Umwidmung in teilstationäre Einrichtungen (als intersektorale Zentren) mit der Möglichkeit der Erweiterung bei Bedarf z.B. bei Epidemien betrieben werden. Damit könnte auch die Forderung der Europäischen Kommission der Gemeinwohlverpflichtung der Länder für eine ordnungsgemäße und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung der Bevölkerung erfüllt werden.