Notärztinnen und Notärzte sowie Fachkräfte im Rettungsdienst warten auf Impfung
Kleine Chronologie zum Impfkonzept für den Rettungsdienst in den Bundesländern,
ergänzte Fassung vom 21.01.2021 (Erstfassung vom 06.01.2021).
Am 14. Dezember veröffentlichte die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-institut einen „Beschluss der STIKO für die Empfehlung der COVID-19-Impfung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung“, der auf einem zuvor gemeinsam mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften publizierten Positionspapier zum Impfstoff-Zugang aufbaute. Die Empfehlungen orientieren sich in allererster Linie an medizinischen und epidemiologischen Kriterien, die soweit möglich mit wissenschaftlicher Evidenz untermauert sind, und sehen fünf Stufen der Priorisierung vor.
Kurz danach kam das Bundesministerium mit seiner „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung)“ heraus. In Abänderung der Empfehlungen aus der hauseigenen Bundesoberbehörde finden sich darin jedoch nur drei Priorisierungsstufen. Die Stufe 1 wurde im Wesentlichen übernommen. Sie beinhaltet auch das klinische Personal und den Rettungsdienst mit aufgabenbedingt höchstem Expositionsrisiko. Die Stufen 2 und 3 sowie die Stufen 4 und 5 der STIKO-Empfehlungen wurden jeweils zusammengelegt. Auf diese Weise finden sich nun „Polizei- und Ordnungskräfte, die in Ausübung ihrer Tätigkeit zur Sicherstellung öffentlicher Ordnung, insbesondere bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind“, in der zweiten Priorisierungsgruppe anstatt in der fünften. Personen, „die in besonders relevanter Position in staatlichen Einrichtungen tätig sind, insbesondere in den Verfassungsorganen, in den Regierungen und Verwaltungen, bei den Streitkräften, bei der Polizei, beim Zoll, bei der Feuerwehr, beim Katastrophenschutz einschließlich Technisches Hilfswerk und in der Justiz“ tätig sind, stehen immer noch in der letzten Gruppe, aber das ist jetzt die dritte und nicht mehr die fünfte. Gerade beim letzten Punkt geht es um – nachvollziehbare – politische Entscheidungen und weniger um medizinische Aspekte.
Jede Personengruppe hat gute Gründe, vorne mit dabei zu sein. Das klinische Personal auf Intensivstationen und in Notaufnahmen sowie im Rettungsdienst kann aber seinen Abstand zu infektiösen Personen nicht selbst bestimmen und sollte daher nicht nur nach subjektivem Empfinden, sondern auch auf dem Hintergrund sorgfältig ausgearbeiteter ethischer Empfehlungen und daran angelehnter administrativer Festlegungen mit an erster Stelle stehen. In den einzelnen Bundesländern, die für die Umsetzung der Impfstrategie verantwortlich sind, wird aber das Impfangebot für diese Mitarbeitergruppen sehr unterschiedlich gehandhabt.
Die Bundesregierung bekräftigte am 15.01. in einer Mitteilung zum Impfstart über die eigene Homepage, dass Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten, Personal auf Intensivstationen, in Notaufnahmen und im Rettungsdienst zur Gruppe mit höchster Impfpriorität zählen.
Wir stellen hier stichwortartig das Ergebnis einer informellen und sicher unvollständigen Umfrage unter den BAND-Mitgliedern (bezogen auf den Rettungsdienst) zusammen, später ergänzt um Details aus Presseberichten (Stand 21.01.2021):
Hamburg
In Hamburg sind die Kolleg*innen des Rettungsdienstes auch offiziell in der ersten Stufe angesiedelt und werden mit dem Start des Impfzentrums in den Messehallen eine Möglichkeit zur Impfung erhalten. Bisher wurden in Hamburg lediglich Pflegeheimbewohner*innen und Klinikpersonal (auch Notärzte) dezentral geimpft. Für alle Mitarbeiter*innen der Feuerwehren und Hilfsorganisationen wurde eine Onlineabfrage erstellt. Hierdurch sollen die im Rettungsdienst tätigen Mitarbeiter*innen mit Vorerkrankungen noch vor den Jüngeren ohne Vorerkrankungen berücksichtigt werden können (06.01.).
Bayern
In Bayern wird die Kassenärztliche Vereinigung Bayern KVB als rechtlicher Träger des Notarztdienstes in Kürze allen Notärzt*innen eine Bescheinigung zur Vorlage im Impfzentrum zukommen lassen, mit der ihre höchste Priorisierung gemäß §2 Nr. 4 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Coronavirus SARS-CoV-2 bestätigt wird. Das exakte Vorgehen wird zur Zeit zwischen dem Bayrischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und der KVB abgestimmt (06.01)
Nordrhein-Westfalen
In NRW wurden durch Erlass von Anfang Dezember “zunächst die Beschäftigten und Bewohnerinnen und Bewohner in vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie die Beschäftigten und Betreuten in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe” zur Impfung vorgesehen, erst “anschließend die Beschäftigten und Bewohnerinnen und Bewohner in teilstationären Pflegeeinrichtungen sowie die Beschäftigten in Krankenhäusern”. Der Erlass wurde der Coronavirus-Impfverordnung des BMG, die am 15.12.20 in Kraft trat, nicht angepasst. In dieser ist das medizinische Personal aus Risikobereichen gleichrangig mit höchster Priorität eingestuft ist. In den letzten Tagen des alten Jahres wurde daher von verschiedener Seite teils heftige Kritik daran geäußert, dass weder Klinikabteilungen noch Rettungsdienste bei der Zuteilung des Impfstoffes berücksichtigt wurden. Der Ministerpräsident von NRW versprach danach am 30.12.2020 die Priorisierung der Mitarbeiter im Gesundheitswesen, die mit COVID-19-Patienten zusammenarbeiten. Am 4. Januar kündigte dann der Gesundheitsminister des Landes Corona-Schutzimpfungen ab dem 18. Januar auch für Beschäftigte in Krankenhäusern an. Bis zum 24. Januar werde es für alle rund 90 000 Beschäftigten dieser Gruppe in den Krankenhäusern ein Angebot geben. Notärzte, die in Kliniken beschäftigt sind, würden dann auch dabei sein. Tatsächlich wurde am 18. Januar flächendeckend mit Impfungen für Klinikpersonal aus Akutbereichen begonnen, aber bereits am 20. Januar wurde das Programm aufgrund von ausbleibenden Lieferungen wieder eingestellt, vergebene Termine mussten storniert werden. Eine Wiederaufnahme ist geplant, sobald eine neue Lieferung von Impfstoff erfolgt. Die Zweitimpfung der bereits Geimpften im Zeitabstand von drei Wochen ist sichergestellt, da die entsprechenden Dosen zurückgehalten wurden (21.01.).
Mecklenburg-Vorpommern
In M-V sind die Rettungsdienstmitarbeiter (wie Notaufnahmen, Intensivstationen, Pflegeheimmitarbeiter) in die erste Kategorie eingestuft worden. Die Handhabung der Impfungen dieser Mitarbeiter ist unterschiedlich und erfolgte zum Teil erst nach dem 11.1.2021 (06.01).
Schleswig-Holstein
In S-H wurden die Ärzte am UKSH und an einigen anderen Krankenhäusern bereits geimpft (die Notärzte sind überwiegend Klinikärzte). Unklar ist noch, wie es mit den nicht an Krankenhäusern beschäftigten Ärzten aussieht. Rettungsdienstmitarbeiter können sich mit einem Berechtigungsschreiben über ein öffentliches Impfzentrum anmelden (06.01).
Thüringen
Die Mitarbeiter im Rettungsdienst müssen sich dem ursprünglichen Plan zufolge online oder per Hotline für die Impfungen anmelden. Das Online-Anmeldetool startete am 30.12.2020, der Start der Hotline war für den 04.01.2020 geplant. Die Impfungen für die Mitarbeiter des Rettungsdienstes sollten an den Impfstellen in Thüringen am 13.01.2020 starten.
Nach einem Bericht der Thüringischen Landeszeitung vom 14.01. wurde in Erfurt nach Protesten aus dem Rettungsdienst und nach Intervention der Sozialdezernentin der Stadt beim Sozialministerium des Landes eine Regelung gefunden, die Mitarbeiter des Rettungsdienstes gemeinsam mit den Klinikmitarbeitern im Helios Klinikum zu impfen. Auf diese Weise soll der ursprünglich für die Mitarbeiter des Rettungsdienstes vorgesehene Weg über die Termin-Hotline umgangen und die Impfung beschleunigt werden. Voraussichtlich kann dann ab der Woche vom 18. 01. mit dem Impfen des Rettungsdienstes begonnen werden.
Auch in Eisenach gibt es seit dem 12. Januar eine neue Regelung, wie die Thüringer Allgemeine berichtet. Nach gescheiterten Versuchen von Mitarbeitern des Rettungsdienstes, über Hotline oder Internet einen Termin zu vereinbaren, plane die KVT nun, für diese Personengruppe und für Bedienstete in Arztpraxen “Mitte Februar” eigene Möglichkeiten der Terminvereinbarung zu schaffen. Bis dahin empfahl die KVT den Mitarbeitern im Rettungsdienst, sich an ihre jeweiligen Kliniken zu wenden. Das Eisenacher Klinikum erklärte sich bereit, für 48 Notärzte und Rettungssanitäter von DRK und ASB Termine zu machen, “sobald der dafür avisierte Impfstoff angekommen ist” (18.01.).
Sachsen
Am 11. Januar öffneten zwölf Impfzentren in Sachsen. In allen Impfzentren können sich zunächst besonders gefährdete Menschen impfen lassen – Frauen und Männer im Alter von über 80 Jahren gehören dazu sowie Pflegepersonal und Rettungskräfte. Termine für eine persönliche Schutzimpfung können über ein Online-Buchungsportal und über eine Telefonhotlinevereinbart werden. Das Zentrum im vogtländischen Treuen hatte bereits am 09. Januar seine Arbeit aufgenommen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes und der ambulanten Pflege gegen das Coronavirus geimpft. Die Impfdosen waren ursprünglich für vier Pflegeheime vorgesehenderen Bewohner jedoch kurzfristig unter Quarantäne gestellt wurden (18.01.).
Hessen
In Hessen liegt die Umsetzung der Impfstrategie bei den Kommunen und wird dort unterschiedlich gehandhabt. Viele wollen die Mitarbeiter des Rettungsdienstes über die erste geöffnete Impfstraße laufen lassen (06.01.).
Rheinland-Pfalz
In RLP haben alle Rettungsdienst-Mitarbeiter mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz ab dem 4.1. die Möglichkeit, Termine in einem der Impfzentren zu vereinbaren (06.01.).
Niedersachsen
Impfungen für Klinikpersonal starten voraussichtlich im Januar, Impfungen für den Rettungsdienst teilweise erst im Februar oder März (06.01.).
Baden-Württemberg
Seit dem 27. Januar werden im Freiburger Impfzentrum über 80-Jährige und Personal aus Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Rettungsdiensten geimpft. Mitarbeiter des Rettungsdienstes erhielten bereits vor Weihnachten Emails über ihre Hilfsorganisation, um sich im Impfzentrum anmelden zu können. Die ersten Impftermine für Rettungsdienstler wurden bereits zwischen Weihnachten und Neujahr vergeben, andere in der ersten Januarwoche (21.01.).
Berlin
Ein spezifisches Impfkonzept für den Rettungsdienst in Berlin gab es zum Zeitpunkt der Erstfassung dieses Beitrages am 6. Janaur nicht. Die Notärzte sollten über die Kliniken geimpft werden, welche vermutlich ab Mitte Januar verlässlich Impfdosen erhalten sollten. Notärzte aus Covid-Krankenhäusern der Level 1 und 2 sollten geimpft werden als die aus Level 3-Häusern, da die Level 3-Häuser später mit Impfstoffen versorgt werden sollen.
Inzwischen ist es der Berliner Feuerwehr in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gelungen, für die Mitarbeitenden im Rettungsdienst eine organisierte Impfung zu starten. Am 13. Januar wurden die ersten 58 Einsatzkräfte durch ein mobiles Impfteam der Gesundheitsverwaltung geimpft. Insgesamt gibt es fünf Impfstandorte auf Dienststellen, an denen zu unterschiedlichen Tagen rotierend die Impfungen angeboten werden. Gemäß der Corona-Impfverordnung des Bundes wurde zunächst mit den Mitwirkenden im Rettungsdienst begonnen. Eine Impfung aller Angehörigen der Berliner Feuerwehr ist dann zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen (18.01.).
Wie läuft es in der Praxis?
In einer vorläufigen Zusammenfassung kann man sagen: Die Entwicklung und Umsetzung einer planmäßigen, gerechten sowie medizinisch und ethisch gut begründeten Impfstrategie ist komplex, und die Ministerien und Behörden wurden dieser Aufgabe bisher in unterschiedlichem Ausmaß gerecht.
Aus mehreren Bundesländern (Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Hessen, geplant auch in Berlin) wurde bereits früh im Januar mitgeteilt, dass in Alten- und Pflegeheimen “übriggebliebene” Impfdosen an Mitarbeiter des Rettungsdienstes oder des Einsatzdienstes und auch an Mitarbeiter aus Notaufnahmen verabreicht werden, die bis zu diesem Zeitpunkt bei der Terminierung noch nicht berücksichtigt waren und ad hoc – mehr oder weniger zufällig – einbestellt werden konnten. Dadurch soll vermieden werden , dass Impfdosen ungenutzt verworfen werden müssen. Auch Mitarbeiter von Berufsfeuerwehren ohne direkten rettungsdienstlichen Bezug und auch Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren wurden bereits geimpft. Die Zuordnung fußt jedoch in der Regel nicht auf einer systematischen Planung, sondern ist dem Zufall der Erreichbarkeit überlassen. Mit dem Argument der raschen Erreichbarkeit wurden in mehreren Bundesländern (NRW, NI) inzwischen auch Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung (Bürgermeister, stellvertretende Bürgermeister, Amtsleiter) geimpft, wie Presseagenturen berichten. Diese Personengruppe (“Personen, die in besonders relevanter Position in staatlichen Einrichtungen tätig sind, insbesondere in den Verfassungsorganen, in den Regierungen und Verwaltungen …”) gehört der Impfverordnung des BMG zufolge weder in die erste noch in die zweite Priorität. Mit diesem Zwischenergebnis der Impfkampagne können weder die Mitarbeiter des Rettungsdienstes noch die auf Länder- und kommunaler Ebene Verantwortlichen zufrieden sein.